Zur Verbesserung der Verkaufs- und Vermietungschancen reichern Bauherren – speziell im Bereich des Seniorenwohnens – ihre Immobilien gerne mit Zusatzeinrichtungen an. Diese lassen sich langfristig aber nur dann realisieren, wenn einige Kardinalfehler vermieden werden. Dazu das Beispiel einer Seniorenwohnanlage im Rhein-Main-Gebiet, zu deren Service-Infrastruktur nicht nur Massagepraxis, Friseur, Kiosk und Arztpraxis gehören, sondern auch ein öffentlich zugängliches Restaurant.
Mehrfach schon war es in diesem Restaurant der gehobenen Seniorenwohnanlage mit mehr als 240 Wohneinheiten kurzfristig zu Betreiberwechseln gekommen. Wirtschaftlich gescheiterte Gastronomen hatten der Eigentümergemeinschaft inzwischen hohe Mietrückstände hinterlassen. Schon länger waren Hausverwaltung und Verwaltungsbeirat deshalb von der Eigentümerversammlung zu einer Lösung des Problems aufgefordert worden. In diesem Zusammenhang wurden wir schließlich für eine „Analyse und Beratung zur Neuvermietung“ eingeschaltet.
Fehler bei der Konzeptionierung
Bei der Vor-Ort-Analyse (Begutachtung) zeigte sich schnell, dass schon bei der Konzeptionierung der Seniorenwohnanlage und des Restaurants einige grundlegende Erfolgsvoraussetzungen missachtet worden waren. So fehlte dem öffentlichen Restaurant völlig die Einsehbarkeit von der Straße her und ein eigener Restaurantzugang, genauso wie gut erreichbare Parkplätze. Die Beschilderung war spärlich und leicht zu übersehen. Wer schließlich den Weg bis in die Lobby der Seniorenwohnanlage gefunden hatte, musste zunächst noch einen unfreundlichen seitlichen Gang durchqueren, um schließlich in das hübsche 100 Sitzplatz-Restaurant zu gelangen.
Das Restaurant war also schon durch seine konkrete Lage im Objekt gänzlich von der Außenwelt abgeschnitten und damit auch von Gästen aus der Umgebung. Bei der Analyse der Frage, warum denn das Restaurant auch von den Bewohnern des Hauses so wenig frequentiert sei, stellte sich heraus, dass diese, sofern sie nicht selbst in ihren eigenen Küchen kochten, den im Haus basierten „Essen auf Rädern“-Service benutzten, der konkurrenzlos preiswerte Mittagsmenus lieferte. In der Summe lagen also Rahmenbedingungen vor, die ein wirtschaftliches Scheitern vorprogrammieren. Schließlich oblag dem Gastronomen nicht nur die Bezahlung der Kaltmiete von 4.000 €uro monatlich + Nebenkosten, sondern auch die Einrichtung und der Erhalt der gesamten Ausstattung.
Erfolgsvoraussetzungen
Spätestens an dieser Stelle stellt sich die Frage, ob denn ein öffentlicher Gastronomiebetrieb überhaupt eine sinnvolle ergänzende Infrastruktureinrichtung einer Seniorenwohnanlage sein kann?!
Wir meinen, dass es hier sehr auf die Ausgestaltung der konkreten Rahmenbedingungen ankommt: Unabdingbar ist z.B. eine gute Makrolage, die eine ausreichende Passantenfrequenz sichert. Vielfach ist aber schon diese Grundforderung nicht erfüllt, weil Seniorenwohnanlagen in städtischen Randlagen angesiedelt werden. Ebenso wichtig sind ein eigener, separater Hauptzugang sowie ein völlig eigenständiger Außenauftritt des Gastronomiebetriebes. Letzterer ist für das Marketing von enormer Bedeutung, weil ansonsten – viele Hoteliers kennen das Problem aus ihren Hotel-Restaurants – psychologische Hemmschwellen potentielle Gäste abschrecken. Schließlich müssen auch die vertraglichen Konditionen stimmen. Und eines ist auch sicher: nicht für jede Seniorenwohnanlage ist ein öffentliches Restaurant die richtige Einrichtung zur Imageaufwertung und Verbesserung der Service-Infrastruktur! Bauherren sind deshalb gut beraten, die Chancen und Risiken einer derartigen zusätzlichen Infrastruktureinrichtung vor Baubeginn prüfen zu lassen.
Optimierungspotenzial ausschöpfen
Bei Bestandsimmobilien mit Problemen in der öffentlichen Gastronomie ist Schadensbegrenzung angesagt. Im konkreten Fall konnte gemeinsam mit Hausverwaltung, Verwaltungsbeirat und Gastronom ein Maßnahmenpaket zur Verbesserung der wirtschaftlichen Tragfähigkeit des Restaurants geschnürt werden. Seine Elemente waren nicht nur die Anpassung der Miete, sondern auch eine konsequente Neuausrichtung des Betriebskonzeptes mit Konzentration auf die Residenzbewohner und soweit möglich, die Verbesserung einiger äußerer Rahmenbedingungen, wie der Beschilderung von Restaurant und zugehörigen Parkplätzen.
So gelang es im Zusammenwirken aller Beteiligten, aus dem ständigen Ärgernis doch noch eine Infrastruktureinrichtung zu machen, die die Werthaltigkeit der Seniorenwohnanlage als ganzes unterstreicht und sichert.
Autorin: Dipl. Betriebswirtin Martina Carduck
erschienen in: Der Immobilienverwalter, Ausgabe 1/2008
überarbeitet am 23. Juni 2014